Neutronenstrahlung
- kommt in der Natur nicht vor und ist deshalb wesentlich
gefährlicher ?
Neben
der natürlichen Strahlenbelastung, die vorrangig durch
a-, b-
und g-Strahlung
von Radionukliden verursacht wird, die in der Natur vorkommen,
wird im Zusammenhang mit der Kerntechnik oft über Neutronenstrahlung
gesprochen. Die Bewertung ihrer Dosis ist stark in der Diskussion.
Sicher kann man davon ausgehen, dass ein Herr Kuni (aus Marburg)
völlig überzogene Werte publiziert. Würde man
seine Bewertungsfaktoren wirklich nutzen, dann müssten
die Bewertungsfaktoren für a-,
b-
und g-Strahlung
derart drastisch neu bewertet werden, dass wir wahrscheinlich
alle nicht mehr leben würden... Aber zurück zu den
Fakten:
- Was
sind Neutronen und wo kommen sie her?
Neutronen
sind ungeladene Elementarteilchen mit einer Masse von 1,67482.10-27
kg.
Neutronen
entstehen bei der Spaltung von Atomkernen z.B. in einem Kernreaktor
oder bei der Spontanspaltung von in der Natur vorkommenden
schweren radioaktiven Atomen (z.B.U-235) und von sogenannten
Transuranen. Neutronen entstehen aber auch in den oberen Luftschichten
der Atmosphäre beim Zusammenprall kosmischer Primärteilchen
mit den Luftmolekülen. Neutronen, die bei solchen Reaktionen
aus einem Atomkern herausgeschleudert werden, bewirken eine
energiereiche ionisierende Strahlung, die Neutronenstrahlung.
Da
bei der Energieerzeugung in einem Kernreaktor durch Neutroneneinfang
instabile Transurane entstehen (Neptunium, Plutonium, Americium,
Curium u. a.) sind diese Transurane in den abgebrannten Brennelementen
und in dem aus der Wiederaufarbeitung stammendem hochaktivem
Abfall enthalten. Diese werden in speziellen Behältern
transportiert (z.B. Castor®).Daher geben diese
Behälter ausser der Gammastrahlung auch eine Neutronenstrahlung
ab.
- Welche
Wirkungen haben Neutronen im menschlichen Gewebe?
Neutronenstrahlen
wirken grundsätzlich wie die anderen ionisierenden Strahlen
(a-,b-g-
und Röntgen-Strahlen). Wegen des grösseren linearen
Energietransfers im Gewebe ist die biologische Wirkung aber
höher als bei der Röntgen- oder g-Strahlung
bezogen auf die Energiedosis.
Gibt
man die Dosis in der Einheit Sievert (Sv) oder Millisievert
(mSv) an, dann handelt es sich um eine Äquivalentdosis
und die unterschiedliche biologische Wirksamkeit der verschiedenen
Strahlenarten ist dann bereits berücksichtigt.
Gibt
man die Dosis in der Einheit Gray (Gy) an, dann handelt es
sich um eine Energiedosis. Diese Energiedosis muss man mit
einem Qualitätsfaktor multiplizieren um eine Äquivalentdosis
zu erhalten. Dieser Qualitätsfaktor beträgt bei
b-,g- und Röntgen-Strahlen
1 bei a-Strahlen 20 und bei Neutronenstrahlung
je nach Energie 5 bis 20.
Die
Deutsche Strahlenschutzkommission, die den Bundesumweltminister
berät, ist der Auffassung, dass die Bewertung der Neutronenstrahlung
mit den vorgenannten Qualitätsfaktoren bei den Castor®-Transporten
eher zu vorsichtig ist und damit die Wirkung überschätzt
(mehr: http://www.ssk.de/2000/ssk0010k.htm).
Es
gibt aber auch Leute (z.B. Prof. Kuni), die behaupten die
Neutronenstrahlung sei noch viel gefährlicher als durch
diese Qualitätsfaktoren beschrieben, da wird sogar von
einem Qualitätsfaktor 600 gefaselt, wobei derselbe Autor
auch bei a-Strahlen einen Wert
von 300 in die Welt setzte. Beide Werte sind Unsinn. Würden
sie zutreffen, müssten die g-Strahlen
viel harmloser sein, als allgemein angenommen und man müsste
die unterschiedliche Belastung durch das Edelgas Radon deutlich
in den Krankheitsstatistiken erkennen. Mehr über die
Wirkung ionisierender Strahlung und darüber, wie man
diese Erkenntnisse gewonnen hat, finden Sie hier.
- Neutronenstrahlung
bei Castor-Transporten?
Abgebrannte
(verbrauchte) Brennelemente werden nach einer längeren
Zwischenlagerzeit im Abklingbecken des Kernkraftwerks in ein
Zwischenlager oder zur Wiederaufarbeitung transportiert. Der
bei der Wiederaufarbeitung anfallende hochaktive Abfall, der
die Spaltprodukte und Aktiniden (ausser dem Wertstoff Plutonium)
enthält muss ebenfalls zu einem Zwischenlager transportiert
werden. Diese Zwischenlagerung ist erforderlich, weil bisher
im wesentlichen aus politischen Gründen kein Endlager
betriebsbereit ist. Für die Transporte wurden spezielle
Behälter entwickelt, die die intensive Strahlung des
Transportgutes so abschirmt, dass die international festgelegten
Strahlungsgrenzwerte eingehalten werden. Gleichzeitig sind
diese Behälter so ausgelegt, dass sie bei allen denkbaren
Einwirkungen (Absturz, Aufprall eines Flugzeugs, Zusammenstoss
mit einem schweren schnellfahrenden Fahrzeug, Brand) dicht
bleiben und so die Freisetzung radioaktiver Stoffe zuverlässig
verhindern. Allgemein nennt man diese Behälter Castor®-Behälter.
Streng genommen heissen so nur die Behälter, die von
der Firma Gesellschaft für Nuklear Behälter (http://www.gns-gnb.de/)
entwickelt und hergestellt wurden.
Weitere
Informationen zu der Sicherheit dieser Transportbehälter
findet man hier (http://www.grs.de/castor2001.htm
oder http://www.bfs.de/publika/brosch/radfracht.pdf
).
Wie
stark strahlen nun diese Transportbehälter?
International
ist festgelegt dass in 2 m Abstand von einem solchen Transportbehälter
die Strahlung (Dosisleistung) maximal 100 µSv/h (0,1 mSv)
betragen darf. Es gibt noch einen zweiten Grenzwert, so darf
die Dosisleistung direkt an der Oberfläche des Fahrzeugs
nicht mehr als 2 mSv/h betragen. Bei den grossen Transportbehältern
ist dieser Grenzwert irrelevant, bestimmend ist der vorgenannte
Grenzwert in 2 m Abstand.
Ausserdem
dürfen Behälter ausserhalb von überwachungsbereichen
nur transportiert werden, wenn die Oberflächen keine
abwischbare Kontamination mit künstlichen radioaktiven
Stoffen mehr enthalten. Als Grenzwert wurde hier ein Wert
von 4 Bq/cm² für die meisten b-
und g-Strahler, sowie von 0,4 Bq/cm
für a-Strahler festgelegt.
Messungen bei den letzten Transporten zeigten, dass diese
Grenzwerte sicher eingehalten werden (siehe dazu auch: http://www.grs.de/dosisleistung.pdf).
Diese
Dosisleistungen liegen deutlich über der natürlichen
Dosisleistung. Würde sich eine Person ein ganzes
Jahr unmittelbar neben einen solchen Transportbehälter
stellen, wäre die Dosis die sie dadurch erhält erheblich.
Da bei einem normal ablaufenden Transport selbst die sichernden
Begleitpersonen sich nur kurze Zeit direkt in der Nähe
der Transportbehälter aufhalten sind die Strahlenexpositionen
dieser Personen sehr gering.
Die
Strahlenschutz-Grundsätze lauten:
Man
darf eine Strahlenexposition von Personen nur dann zulassen,
wenn mit der Tätigkeit, die die Strahlenexposition bewirkt,
ein Nutzen verbunden ist (Rechtfertigung).
Jede
Strahlenexposition ist so gering wie unter den gegebenen Umständen
erreichbar zu halten.
Auch
wenn die zusätzliche Strahlenexposition, die die Begleitmannschaften
durch die Blockaden der sogenannten Umweltschutzer erhalten
sehr klein sind, bewirken diese Blockaden weder einen Nutzen,
noch wird dadurch die Strahlenexposition vermindert.
Weiterführende
Informationen zu Castortransporten und den dabei aufgetretenen
Vorkommnissen findet man unter:
http://www.hsk.psi.ch/publikationen/gutachten+stellungnahmen/transp_zw-bilanz_112000.
pdf
(Kontaminationen, kurzer 34 S-Bericht aus Schweizer Sicht).
http://www.grs.de/endkontd.htm
(Kontaminationen, sehr ausführlicher Bericht der Gesellschaft
für Reaktorsicherheit Deutschland)
http://www.grs.de/castor2001.htm
(Zusammenfassende Seite der Gesellschaft für Reaktorsicherheit
mit weiterführenden Links)
http://www.ssk.de/thema/st-150.htm
(Seite der Strahlenschutzkommission mit vielen Downloads)
Fakten
von Jörg
Brauns
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