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Verzögerte
Neutronen und prompte Neutronen
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Bei der Spaltung eines U-235-Kernes werden neben den Spaltprodukten
und direkter Gammastrahlung im Mittel 2,43 Neutronen freigesetzt.
Da sie unmittelbar aus der Spaltung hervorgehen, nennt man sie prompte
Neutronen. Das heisst, der Urankern zerplatzt in zwei
Bruchstücke und vom Zerreisspunkt werden Neutronen emittiert.
Diese Neutronen entstehen somit direkt im Vorgang der Kernspaltung
(Zeitraum 10-14 s nach dem Zerreissen).
Spaltungen, die dann aus diesen prompten Neutronen hervorgehen,
nennt man prompte Spaltung.
Die Menge der prompten Neutronen im Kern beträgt etwa (1 -
beta) = 99,35% der Gesamtzahl der Neutronen.
Die verbleibenden beta = 0,65% sind sogenannte verzögerte
Neutronen, sie entstehen beim Zerfall der Spaltprodukte. Das heisst,
dass es Spaltprodukte gibt, deren Zerfallsenergie höher ist
als die Bindungsenergie des letzten Neutrons, so dass ein Abdampfen
von Neutronen energetisch günstiger ist und damit sozusagen
ein Neutronenzerfall stattfindet, bevor der nächste
beta-Zerfall stattfindet, um Energie der neutronenreichen Spaltprodukte
abzugeben (abzuregen).
Typische Spaltprodukte, die verzögerte Neutronen emittieren
sind:
4,4-s 89Br, 55,6-s 87Br, 2,8-s 94Rb, 24,5-s 137I und 1,7-s 135Sb
.
Die verzögerten Neutronen entstehen in einem Zeitraum von 0,08
s bis zu einer Minute nach dem Spaltung des U-235 und Spaltungen,
die mit diesen verzögerten Neutronen ausgelöst werden,
nennt man verzögerte Spaltungen.
Welche Auswirkungen auf den Reaktor hat das?
Im Wesentlichen sind diese verzögerten Neutronen ausschlaggebend
für die Regelbarkeit des Reaktors. Denn durch das verzögerte
Auftreten haben die Regelungseinrichtungen des Reaktors genügend
Zeit, um auf Änderungen zu reagieren und sich neuen Leistungsbedingungen
anzupassen.
Milchmädchenrechnung: Wären im Reaktor nur prompte Neutronen
vorhanden, hätte das System 10^-14 Sekunden Zeit, um zu reagieren
- das entspricht genau der Lebenszeit eines angeregten U-236-Kerns,
bevor er zerfällt.
Da die veerzögerten Neutronen i.d.R. etwa den Zeitraum von
einer Minute brauchen, um zu entstehen, bleibt dem Reaktor aber
eben dieser Zeitraum von bis zu einer Minute, um Änderungen
zu verarbeiten.
Kernreaktoren sind technisch/physikalisch so ausgelegt, dass die
Kettenreaktion nur mit der Summe aus prompten und verzögerten
Neutronen zusammen kritisch gehalten werden kann! Würden die
verzögerten Neutronen im Reaktorkern nicht existieren, würde
die Kettenreaktion abklingen.
Das heisst, dass weder die prompten, noch die verzögerten Neutronen
alleine die Kettenreaktion aufrecht erhalten können.
Anmerkung:
"Im Mittel entstehen 2,43" Neutronen: Bei der Spaltung
des Kerns entstehen natürlich nicht (2 + 0,43) Neutronen. Der
Wert 2,43 ist ein statistischer Wert und besagt, dass bei der Spaltung
von 100 U-235-Kernen 243 prompte Neutronen entstehen.
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