Reaktorfahrt
Zum
Anfahren eines Kernkraftwerkes wird der Druck im Primärkreis von
Umgebungsdruck auf ca. 30 bar angehoben. Dies geschieht mit der
sogenannten Druckhalterheizung (siehe Erklärung Druckhalter).
Dann werden nacheinander die Hauptkühlmittelpumpen (Umwälz- pumpen
im Volksmund) gestartet. Durch die Abwärme dieser Pumpen (ca. 7
MW) wird der Primärkreis aufgeheizt. Parallel zum Aufheizen des
Primärkreises wird die Sekundärseite angewärmt und aufgeheizt. Dies
erfolgt mit eigens zu diesem Zweck elektrisch produziertem Dampf.
Mit
der Temperaturerhöhung im Primärkreis steigt auch der Druck im Primärkreis.
Bis zu einer Temperatur von 260 °C erfolgt die Aufheizung nur über
die Abwärme der Pumpen. Es erfolgt hier noch kein nukleares Aufheizen,
d. h. die Steuerstäbe sind komplett im Kern und die Borkonzentration
im Kern (siehe Erklärung Bor)
beträgt 2400 ppm. Ab 260 °C erfolgt das nukleare Aufheizen: Die
Steuerstäbe werden aus dem Kern gezogen. Noch ist der Reaktor durch
die hohe Borkonzentration unterkritisch, d. h. es erfolgt keine
Kettenreaktion, trotz gezogener Steuerstäbe. Jetzt wird der Primärkreis
entboriert. Das Wasser im Primärkreis wird teilweise gegen Deionat
(vollentsalztes Wasser) ausgetauscht. Dadurch verringert sich die
Borkonzentration im Primärkreis. Der Reaktor wird langsam kritisch,
es erfolgt die erste selbsterhaltende Kettenreaktion. Durch weitere
Deborierung wird nun die Leistung des Reaktors erhöht bis 100 %
erreicht sind, was mehrere Tage dauern kann. Die Brennelemente müssen
sich den "neuen Umgebungsbedingungen" erst anpassen, d.h.
sie werden konditioniert. Die mittlere Temperatur im Primärkreis
beträgt dann 306 °C bei einem Druck von 155 bar.
Parallel
zum Anfahren des Reaktors wird auf der Sekundärseite die Turbine
und der Generator in Bertrieb genommen, um die vom Rektor erzeugte
Leistung auch abführen zu können. So ein Anfahrvorgang dauert in
der Regel bis zu drei Tage.
Bevor
ein Reaktor angefahren werden kann, sind mehrere Prüfungen notwendig,
um sicherzustellen, daß alle Systeme funktionieren. Erst wenn alle
Prüfungen zur vollen Zufriedenheit durchgeführt worden sind, kann
der Reaktor nach Zustimmung der Behörde angefahren werden.
Druckhalter:
Der
Druckhalter ist eine Einrichtung im Primärsysrem, welche Druckschwankungen
im System kompensiert. Er ist zu vergleichen mit dem Ausdehnungsgefäß
in einer Heizungsanlage, nur wesentlich größer.
Borsäure:
Bor
fängt Neutronen ein, bevor sie einen Atomkern treffen. Die Funktion
ist die gleiche wie die der Steuerstäbe, nur daß das Bor im ganzen
Kern wirkt und die Steuerstäbe abhängig von ihrer Eintauchtiefe
im oberen oder unteren Bereich des Kerns. Bor ist sozusagen ein
Parallelsystem zu den Steuerstäben.
Eingesetzt wird Bor als zweites vollwertiges Abschaltsystem und
zur Freigabe von Leistung über den gesamten Zyklus (ca. 1 Jahr).
|