Wie
funktioniert eine Wiederaufarbeitungsanlage - WAA ?
In
einem Kernreaktor entsteht Wärme durch Kernspaltung eines
spaltbaren Urankerns, wobei pro Spaltakt zwei Bruchstücke
mit enorm hoher Energie entstehen. Tritt dieser Prozeß mehrfach
auf, so führt das zu einem Gemisch von verschiedenen Bruchstücken
(Spaltprodukten). Pro Sekunde finden in einem typischen Kernreaktor
etwa 5*1019 Spaltungen statt. Manche dieser Spaltprodukte
verursachen eine Vergiftung des Brennstoffs, weil sie die
für die Kernspaltung notwendigen Neutronen wegfangen, und
je länger so ein Brennstoff in einem Reaktor ist, so sinkt
auch der Gehalt an spaltbaren Material, d.h. der Wirkungsgrad
geht so weit zurück, daß die Brennelemente ersetzt werden
müssen.
Nach
dem Entladen aus dem Reaktor sind die Brennelemente noch hochradioaktiv,
weshalb sie unter Wasser gehandhabt werden und erst einmal
in der Nähe des Reaktors aufbewahrt werden. Nach einer gewissen
Abklingzeit können die Brennelemente in ein Zwischenlager
verbracht werden. Normalerweise nach etwa 10 Jahren sind sie
so weit abgeklungen, daß man sie einer Wiederaufarbeitungsanlage
zuführen kann. Das ist wirtschaftlich interessant und ressourcenschonend,
weil man während der Bestrahlung im Reaktor spaltbares Plutonium
erzeugt und nicht abgebranntes Uran in den Brennstoffkreislauf
zurückführen kann. Normaler Kernbrennstoff besteht zu etwa
3-4 % aus dem spaltbaren Isotop Uran-235, der Rest ist hauptsächlich
Uran-238, welches im Neutronenfeld eines Reaktors durch Neutroneneinfang
spaltbares Plutonium-239 bildet.
Der
Kernbrennstoff ist gasdicht in einem Hüllrohr eingeschweißt,
welches gewöhnlich aus einer Zirkoniumlegierung besteht. Zusammen
mit der Halterung für mehrere Hüllrohre bildet das das gesamte
Brennelement. Dieses muß nach dem Auspacken aus dem Transportbehälter
mit einer mechanischen Schere oder Säge zerkleinert werden.
Alle diese und die folgenden Verfahrensschritte werden in
einer WAA vollautomatisch hinter dicken Betonabschirmungen
mit Bleiglasfenstern vorgenommen, um die Bedienmannschaften
nicht unnötiger Strahlung auszusetzen. Aus den mechanisch
zerkleinerten Teilen wird der Kernbrennstoff mit konzentrierter
Salpetersäure herausgelöst. Anschließend wird die Salpetersäurekonzentration
eingestellt und eine Extraktion durchgeführt.
Eine
Extraktion ist ein chemisch-physikalischer Prozess, der Löslichkeitsunterschiede
chemischer Verbindungen in zwei nicht miteinander mischbaren
Lösungsmitteln nutzt.
In
der Wiederaufarbeitung hat sich eine Lösung von etwa 30% Tributylphosphat
(TBP) in Kerosin bewährt. Kerosin (Flugzeugkraftstoff) ist
nicht mit Wasser mischbar. Das Extraktionsmittel TBP hat nun
die Eigenschaft Uran und Plutonium zu binden. Der Vorgang
sieht im einzelnen nun so aus, daß die wäßrige Phase (der
in Salpetersäure gelöste Kernbrennstoff) mit der organischen
Phase (TBP in Kerosin) in einem Mischer (oder einer pulsierenden
Gegenstromkolonne) kommen und da drin intensiv vermischt werden.
Somit wird ein intensiver Kontakt zwischen beiden, nicht mischbaren
Phasen erreicht und der im Extraktionsmittel besser lösliche
Stoff (hier Plutonium und Uran) „herausgelöst“. Nach Beendigung
des Mischvorgangs trennen sich die Phasen sofort wieder und
man kann sie einfach voneinander separieren.
In
der organischen Phase ist dann das Uran und das Plutonium,
in der wäßrigen Phase verbleiben die Spaltprodukte. Die wäßrige
Lösung kann eingedampft werden und die Spaltprodukte werden
später verglast (in die Oxide überführt). Der nächste Verfahrensschritt
muß nun die Trennung von Plutonium und Uran sein. Dies gelingt
durch eine chemische Reduktion des Plutoniums, wobei die Valenz
(Oxidationszahl) des Plutonium geändert wird. Als Reduktionsmittel
dient Hydrazinhydrat, das in der Chemie gut bekannt ist.
Das
dadurch entstehende Pu(III)-Ion wird mit 1-2 molarer Salpetersäure
aus der organischen Phase rückextrahiert. In einem dritten
Schritt wird dann das Uran in 0,01 molare Salpetersäure rückextrahiert.
In weiteren Extraktionszyklen, die jeweils aus 2 bis 3 Schritten
bestehen, werden Uran und Plutonium weiter gereinigt. Dazu
wird Uran(IV) verwendet, daß die niedrige Oxidationsstufe
des Pu(III) hält.
Die
Dekontaminationsfaktoren, gegeben durch das Verhältnis der
Spaltproduktaktivität im bestrahlten Brennstoff zu der im
abgebrannten Uran bzw. Plutonium nach der WAA, müssen 106
bis 107 betragen, die Ausbeuten möglichst nahezu
bei 100%. Das organische Extraktionsmittel wird anschließend
von Radiolyseprodukten gereinigt und rezykliert, d.h. erneut
eingesetzt.
Endprodukte
dieses Prozesses sind Uranylnitrat (UO2(NO3)2*6H2O)
als Lösung (ggf. auch UO2) und eine Plutoniumlösung,
die weiter zu PuO2 verarbeitet wird. Das ist sehr
einfach, da sich das Plutonium sehr leicht als Oxalat fällen
läßt. Dieser Niederschlag wird gewaschen, getrocknet und anschließend
zu Plutoniumoxid geglüht.
Der
beschriebene Prozess wird „PUREX“-Verfahren (Plutonium
und Uranium Recovery by Ex
traction) genannt und ist auch für Brennstoffe aus schnellen
Brütern geeignet.
Ich
hatte im Dezember 2000 die Möglichkeit 2 Tage die Wiederaufarbeitungsanlage
in La Hague (Frankreich) zu besuchen und dort wirklich alles
zu besichtigen. Von dieser Reise sind auch die umfangreichen
Bilder.
Beim
Zerschmeiden und Auflösen werden neben nitrosen Gasen auch
gasförmige Spaltprodukte wie I-129 und Kr-85 sowie das Tritium
frei.. Iod wird an silberhaltigen Filtern zurückgehalten,
Tritium durch Oxidation in tritiumhaltiges Wasser überführt
und dann zum Großteil wieder in den Auflöser zurückgeführt.
Die anderen Stoffe werden an großen Absorberfiltern sicher
rückgehalten.
Radiolyse
ist ein physikalisch-chemischer Vorgang bei dem durch radioaktive
Strahlung chemische Verbindungen zerstört werden. Das organische
Molekül TBP ist in diesem Fall sehr anfällig, daß seine chemischen
Bildungen durch radioaktive Teilchenstahlung oder g-Strahlung
zerstört werden können.
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